
Urteil von Mai 2025 jetzt veröffentlicht
Die Videoüberwachung gehört in einigen Bereichen von Unternehmen zu einem Bestandteil, um zum Beispiel Diebstahl oder Vandalismus vorzubeugen oder aufzuklären. Wer Videoüberwachung im Unternehmen nutzen will, muss dabei unter anderem den Datenschutz einhalten, woraus unterschiedliche Grundlagen auch für den Einsatz am Arbeitsplatz resultieren.
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Hamm zeigt nun, dass die Rechte von Beschäftigten gegenüber einer Videoüberwachung durch den Arbeitgeber erneut gestärkt werden und entsprechend geprüft werden müssen.
Videoüberwachung bei der Arbeit
Laut Medienberichten hatte der Arbeitgeber den Mitarbeiter über zwei Jahre hinweg unzulässig per Video überwacht. Demnach wurden 15.000. Quadratmeter des Unternehmens, darunter die Betriebshalle, Lager, Verbindungsgänge und Büroräume durch 34 Videokameras überwacht. Teilweise erfolgte die Aufzeichnung 24 Stunden pro Tag, in HD mit Zoom- und Echtzeitzugriff.
Das LAG Hamm wertete die dauerhafte Überwachung der Arbeitsstätte als schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Mitarbeiters und sprach ihm eine Entschädigung von 15.000 € zu.
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Kontrolle und Abfrage
Auch wenn die Räume für Erholung und auch die Sanitären Anlagen selbst nicht überwacht wurden, es lag allerdings nahe, dass Rückschlüsse zum Beispiel dadurch erlangt werden konnten, wenn der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlassen hatte. Laut Aussage des Klägers, fühlte er sich permanent beobachtet und der Geschäftsführer habe Mitarbeiter auch unerwartet angerufen und zu ihren Pausenzeiten befragt.
Klauseln im Arbeitsvertrag und berechtigtes Interesse nicht ausreichend
Nach Aussage des LAG Hamm, wurden in diesem Fall personenbezogene Daten verarbeitet, was die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zur Folge hat. Dementsprechend kam es zur Ansicht, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten, also die durchgeführte Videoüberwachung unrechtmäßig sei.
Das Unternehmen hatte sich unter anderem darauf berufen, dass die Maßnahmen durch einen Schutz vor Diebstahl und Vandalismus, aber auch zur Einhaltung des Arbeitsrechts gerechtfertigt sei. Außerdem bezog es sich auf das Nachvollziehen von Maschinenausfällen und korrekter Materialverladung.
Außerdem hatte es eine allgemeine Klausel zur Datenverarbeitung im Arbeitsvertrag gegeben. Diese Einwilligung sah das Arbeitsgericht als unwirksam an, da die erforderliche Freiwilligkeit bei der Einwilligung nicht gegeben gewesen sei. Darüber hinaus fehlte auch die Belehrung eines möglichen Widerrufs der Einwilligung. Auch die vom Unternehmen genannten berechtigten Interessen rechtfertigten nach Ansicht des LAG die unverhältnismäßige Maßnahmen nicht. Diese seien nur pauschal behauptet aber nicht ausreichend belegt worden. Zusätzlich wurde im Urteil festgehalten, dass das Unternehmen die Maßnahme vorsätzlich durchgeführt habe.
Finanzielle Entschädigung nach BGH
Die finanzielle Entschädigung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGH), welche durch einen schweren, rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Persönlichkeitsrecht entsteht, sah das BGH als gegeben an. Durch die eingesetzte Technik sei eine Live-Überwachung, sowie eine Beobachtung von Gesichtern und Mimik möglich gewesen. Ebenso hatte der Kläger diese Vorgehensweise schon mittels anwaltlichem Schreiben gerügt und sie wurde weiter durchgeführt.
Der Richter begründete die verhältnismäßig hohe Summe vor allem auch damit, dass das Unternehmen in Zukunft von Verletzungen dieser Art abgebracht werden solle. Da das beklagte Unternehmen die Maßnahme bereits eingestellt hatte und das LAG davon ausgeht, dass diese nicht mehr genutzt werden wird, wurde die Unterlassungsklage darüber hinaus abgelehnt.
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Rechtliche Grundlagen der Videoüberwachung
Die rechtliche Basis für die Videoüberwachung bildet vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) in Verbindung mit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Gemäß dessen müssen personenbezogene Daten – wozu auch Bildaufnahmen zählen – rechtmäßig, transparent und zweckgebunden verarbeitet werden. Insbesondere bei der Überwachung von Mitarbeitern gelten strenge Anforderungen, da hier das informationelle Selbstbestimmungsrecht besonders geschützt ist.
Voraussetzungen für eine zulässige Videoüberwachung
Eine Videoüberwachung ist nur dann zulässig, wenn sie verhältnismäßig und erforderlich ist. Das bedeutet:
- Erforderlichkeit: Es darf kein milderes Mittel zur Erreichung des Überwachungszwecks geben. Beispielsweise ist eine Videoüberwachung zur Diebstahlprävention nur dann gerechtfertigt, wenn andere Maßnahmen wie Zugangskontrollen oder organisatorische Vorkehrungen nicht ausreichen.
- Verhältnismäßigkeit: Die Überwachung muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Eine flächendeckende Überwachung aller Arbeitsbereiche ist in der Regel unverhältnismäßig.
- Transparenz: Betroffene Mitarbeiter müssen über die Videoüberwachung informiert werden. Dies umfasst den Zweck, die Rechtsgrundlage, die Speicherdauer und die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten.
Technische und Organisatorische Maßnahmen (TOM)
Um die Anforderungen der DS-GVO zu erfüllen, sollten Unternehmen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) umsetzen Dazu gehören Zugriffsbeschränkungen. Nur autorisierte Personen dürfen Zugriff auf die Videoaufnahmen haben.
Speicherbegrenzungen sollten sicherstellen, dass die Aufnahmen nur so lange gespeichert werden, wie es für den Zweck notwendig ist, sofern keine besonderen Vorfälle vorliegen. Die Übertragung und Speicherung der Daten muss verschlüsselt und vor unbefugtem Zugriff geschützt sein. Alle Maßnahmen und Entscheidungen zur Videoüberwachung sollten schriftlich dokumentiert werden.
Rechte der Mitarbeiter bei Videoüberwachung
Mitarbeiter haben umfangreiche Rechte, die das Unternehmen beachten muss. Mitarbeiter müssen vor Beginn der Überwachung klar und verständlich informiert werden. In bestimmten Fällen können Mitarbeiter der Überwachung widersprechen, insbesondere wenn diese unverhältnismäßig ist. Mitarbeiter können Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Videoaufnahmen verlangen.
Bei umfangreicher oder systematischer Überwachung ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) durchzuführen, um Risiken für die Betroffenen zu bewerten und zu minimieren.
Wann ist Videoüberwachung verboten?
Videoüberwachung ist insbesondere dann unzulässig, wenn:
- sie heimlich und ohne Kenntnis der Betroffenen erfolgt.
- private Bereiche wie Umkleidekabinen, Toiletten oder Pausenräume überwacht werden.
- die Überwachung ausschließlich der Kontrolle der Arbeitsleistung dient, ohne dass ein berechtigtes Interesse vorliegt.
- die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt ist, etwa durch dauerhafte, flächendeckende Überwachung ohne konkreten Anlass.
BLOG-TIPP: DIE BEDEUTUNG DES DATENSCHUTZES BEI VIDEOÜBERWACHUNG
Unternehmen müssen Videoüberwachung prüfen
Das Beispiel zu Beginn unseres Blogs zeigt auf, dass Unternehmen gerade bei der Videoüberwachung bestimmte Vorgaben im Datenschutz umsetzen müssen und den korrekten Einsatz vorab klären sollten.
Bei Fragen zur rechtssicheren Umsetzung der Videoüberwachung stehen wir Ihnen als externer Datenschutzbeauftragter gerne beratend zur Seite. Kontaktieren Sie uns, um individuelle Lösungen für Ihr Unternehmen zu erarbeiten.
Das Team von Datenschutzberater.NRW bietet Organisationen unterschiedlicher Art Beratung im Datenschutz an. Mit unseren Fachleuten aus dem Bereich Datenschutz, IT und Steuerrecht erstellen wir Ihnen gerne ein individuelles Angebot für eine Datenschutz-Erstberatung, die Betreuung durch einen externen Datenschutzbeauftragten und entwickeln ein für Sie passendes Konzept. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf.
Wir betreuen Mandanten bundesweit. Lesen Sie mehr zu unserem individuellen Angebot. Dieser Artikel dient zur allgemeinen Erstinformation, ersetzt keine fachliche und individuelle Beratung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie den Datenschutz ausreichend umsetzen, dann lassen Sie sich von uns professionell beraten.
Dennis Manz ist seit über 20 Jahren selbstständig. Ist in der IT für unterschiedliche Branchen und seit langer Zeit auch im Bereich Buchhaltung und Steuerrecht tätig. Als Gründer und Geschäftsführer der Datenschutzberater.NRW GmbH betreut er zusammen mit seinem Team erfolgreich Unternehmen, Praxen, Steuerberater und unterschiedliche Einrichtungen in Sachen Datenschutz und GoBD-Beratung.